KI-Initiative Rheinland-Pfalz: KI-Lotsin für Mobilität

Künstliche Intelligenz im Schwerpunkt »Mobilität« in Rheinland-Pfalz

Überlegen Sie, wie Sie KI für Ihr Unternehmen oder Ihre Forschung nutzbringend einsetzen können? Was ist Künstliche Intelligenz eigentlich? Bei welchen Prozessen kann KI hilfreich sein? – Um bei den Antworten auf diese Fragen zu helfen, setzt das rheinland-pfälzische Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit auf KI-Lotsinnen und KI-Lotsen. Unsere Institutsleiterin Prof. Dr. Anita Schöbel wurde bereits 2020 zur KI-Lotsin für Mobilität ernannt. Prof. Dr. Stefan Kramer von der Johannes Gutenberg Universität Mainz ist seit Mitte 2024 KI-Lotse für Life Sciences. Nun unterstützt die Landesregierung das Vorhaben auch finanziell.

 

Was ist eine KI-Lotsin?

Ein Baustein der KI- Agenda ist das Benennen von Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern, die die Anwendung der KI-Technologien in Wissenschaft und Wirtschaft unterstützen. Diese KI-Lotsen und -Lotsinnen sind Bindeglieder, die Wissenschaft und Wirtschaft zusammenbringen, um die Potentiale für Unternehmen zu heben. Die erste in Rheinland-Pfalz ist Anita Schöbel. Sie ist international ausgewiesene Expertin im Schwerpunkt »Künstliche Intelligenz und Mobilität« und steht mit unserem Institut, dem Fraunhofer ITWM, für eine Vielzahl von innovativen KI-Projekten.

Aktivitäten der KI-Lotsin

»Als KI-Lotsin bin ich in erster Linie beratend tätig, vor allem stehe ich der Öffentlichkeit als Ansprechpartnerin für Expertinnen und Experten sowie Anwendenden zur Verfügung. Gemeinsam mit meiner Kollegin Dr. Henrike Stephani arbeiten wir daran, Projekte und Methoden vorzustellen, die KI im Fokus Mobilität besonders erfolgreich einsetzen. Wir wollen Künstliche Intelligenz und Mobilität zusammenbringen, um so den Einsatz von KI dort zu ermöglichen, wo ein Mehrwert zu erwarten ist«, so Prof. Dr. Anita Schöbel zu Beginn ihrer Amtszeit.

Im Interview

»Mobilität ist wichtig für Leben und Arbeiten in Rheinland-Pfalz«

Wir haben die beiden Forscherinnen um ein Resümee der zurückliegenden fünf Jahre gebeten und wollten wissen, ob sich der Fokus in der nächsten Phase verschiebt.

Frau Prof. Schöbel, Frau Dr. Stephani, können Sie uns kurz erklären, warum sich Rheinland-Pfalz besonders gut eignet für die Erforschung und Anwendung von KI in der Mobilität?

Schöbel: Mobilität hat eine hohe Relevanz für Leben und Arbeiten in Rheinland-Pfalz. Es gab schon immer lokale Automobilproduktion, die sich jetzt im Wandel ist, auch in Richtung Elektromobilität. Da wir viele ländliche Regionen haben, ist auch der öffentliche Personenverkehr sehr wichtig. In einigen Städten gibt es außerdem tolle Smart City Modellprojekte und Initiativen, die Digitalisierung und damit auch die städtische Mobilität vorantreiben.

Stephani: Im Projekt »KI-Lotsin für Mobilität« ist es unsere Aufgabe, Potenziale beim praktischen Einsatz von KI in der Mobilität aufzuzeigen. Über das Fraunhofer ITWM und Verbindungen in die verschiedenen Fachbereiche der Rheinland-Pfälzischen Technischen Hochschule Kaiserslautern-Landau RPTU ist hier eine breite wissenschaftlich-angewandte Fachkompetenz vorhanden.
 

Wie sah Ihre Arbeit in der ersten Phase als KI-Lotsin aus?

Schöbel: Grundsätzlich stehen wir jederzeit mit unserer Expertise für Anfragen bereit. Darüber haben wir, gerade am Anfang der Laufzeit, über lokale Medien informiert. Es gibt eine Webseite und eine Sprechstunde. Gleichzeitig haben wir gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus verschiedenen Fachgebieten Workshops zum Thema »KI in der Mobilität« organisiert sowie lokalen Wirtschaftsunternehmen präsentiert.

Stephani: Wir haben Vorträge auf verschiedenen Veranstaltungen gehalten, um die Relevanz der KI in der Mobilität deutlich zu machen. Außerdem sind wir in verschiedenen spezifischen Netzwerken in Rheinland-Pfalz aktiv. Und wir haben unsere Gedanken dazu schriftlich zusammengefasst, nämlich in dem Buch »Arbeitswelt und KI 2030«.

Ein zentraler Aspekt ist die Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft. Welche konkreten Kooperationen planen Sie und welche Unternehmen in Rheinland-Pfalz profitieren davon?

Schöbel: Wir haben schon vielfältige Kooperationen mit rheinland-pfälzischen Hochschulen, die in Zukunft weiter ausgebaut werden. Des Weiteren fokussieren wir uns auf die schon vorhandenen gut funktionierenden Netzwerke wie etwa die Science and Innovation Alliance Kaiserslautern SIAK, die Zukunftsinitiative Rheinland-Pfalz ZIRP oder die Entwicklungsagentur RLP und werden uns dort einbringen. Wir wollen keine Parallelstrukturen schaffen. In der aktuellen Phase wollen wir auch internationale Beziehungen stärker in den Fokus nehmen. Wir haben in Rheinland-Pfalz wissenschaftlich und wirtschaftlich viel zum Thema »Mobilität« beizusteuern und wollen unsere Sichtbarkeit in der Wissenschaft und Wirtschaft auf der internationalen Bühne erhöhen.

Stephani: Wir möchten außerdem insbesondere kleine und mittlere Unternehmen im Schwerpunkt Mobilität unterstützen, als auch Angebote für lokale und regionale Mobilitätsanbieter machen. Im Gegensatz zu großen Unternehmen ist es dort manchmal schwieriger, Innovationen aus dem Unternehmen heraus zu stemmen. Hier sehen wir auch eine Verbindung zum neuen Landesprojekt »KI4KMU«, welches KMU auffordert, KI-Methoden in den Arbeitsalltag zu integrieren.
 

Welche langfristigen Auswirkungen erhoffen Sie sich durch das Projekt für die Mobilitätsbranche in Rheinland-Pfalz?

Schöbel: Wir erhoffen uns, dass die Potenziale, die in der KI für Mobilität stecken, gehoben werden und auf diese Art einerseits die rheinland-pfälzische Mobilität verbessert wird und andererseits die mobilitätsorientierte Wirtschaft und Produktion mit Expertise und Arbeitsplätzen zukunftssicher aufgestellt ist.
 

Das Land Rheinland-Pfalz unterstützt die KI-Lotsin und KI-Lotsen mit 80.000 Euro pro Jahr. Welche Maßnahmen werden damit konkret finanziert?

Schöbel: In der ersten Phase haben wir weitestgehend ehrenamtlich gearbeitet. Es ist uns ein Anliegen, Mobilität in Rheinland-Pfalz weiter voranzubringen. Wir freuen uns, dass das Land unsere Arbeit schätzt. Die zur Verfügung gestellten Mittel nutzen wir vor allen Dingen für die weitergehende Vernetzung mit anderen Akteur:innen und um den Zielgruppen inhaltlichen Neuerungen zu präsentieren. Diverse Workshops und eine größere Veranstaltung zum Thema KI sind bereits geplant.

Welchen Mehrwert schafft Künstliche Intelligenz?

Welche Projektbeispiele und Schwerpunkte sind bisher Thema?

Effizienz

Manuell-visuelle Prüfverfahren in der Flugzeug-Turbinen-Prüfung werden im EU-Projekt Ami4Blisk komplementiert durch Bildverarbeitungssysteme, die mit Hilfe von Maschinellem Lernen (ML) potentielle Fehlerkandidaten erkennen. Durch die zielgenaue Darstellung der Ergebnisse der Automatisierung werden die Experten:innen in ihrer Qualitätsprüfung unterstützt. Dieses Expertensystem bewahrt die Flexibilität der menschlichen Prüfung und kombiniert sie gleichzeitig mit der Nachvollziehbarkeit und Zuverlässigkeit der Automatisierung und hat damit hohe Effizienz.

Nachhaltigkeit

Geo-referenzierte Umgebungsdaten, Modellbasierte Simulation und Maschinelles Lernen (ML) werden kombiniert um Fahrzeugkomponenten effizienter zu nutzen. Durch innovative Antriebslösungen wird z.B. die Reifenabnutzung minimiert und damit die Nachhaltigkeit in der Nutzfahrzeugindustrie erhöht. Im EU-Projekt LORRY und bei unserer Software VMC geht es unter anderem um dieses Thema.  

Lebensqualität

Im Bauhaus Mobility Lab (BMWi-Projekt BMLEcosys) werden Daten über Mobilität, Energie und Logistik mit Hilfe einer Service-Platform miteinander in Verbindung gebracht. Verfahren der Künstlichen Intelligenz können sie miteinader so verknüpfen, dass sie die Grundlage für innovative Service- und Infrastrukturprojekte und Dienstleistungen bilden. Im Reallabor Erfurter Brühl werden diese Innovationen direkt erlebbar gemacht.

Was ist Künstliche Intelligenz?

Unter Künstlicher Intelligenz (KI) kann man verschiedene Dinge verstehen. Wir wollen uns auf die KI, die derzeit im Forschungsfokus liegt, konzentrieren: die sogenannte »schwache« KI.

Das Ziel ist dabei nicht menschliche Intelligenz zu ersetzen, sondern durch die speziellen Fähigkeiten von Computern und lernenden Algorithmen zu komplementieren. Rechenleistungen und Speichermöglichkeiten führen dazu, dass Computer vor allen Dingen anhand von sehr vielen Beispielen lernen können. Besonders leistungsfähig werden Lösungen dann, wenn man sogenannte »datengetriebene« Ansätze kombiniert mit menschlicher Expertise und Modellierung.

Datenschutz und Ethik

Rheinland-Pfalz steht auch für ethisch verantwortungsvolle Künstliche Intelligenz. Expertise und Daten von Unternehmen sowie persönliche Daten müssen geschützt werden. Auch Verfahren und Umfang der Datennutzung müssen kritisch hinterfragt werden:  

  • Wo wollen wir KI überhaupt einsetzen?
  • Gibt es Bereiche, die man nicht automatisieren möchte?
  • Die Tatsache, dass ein Computer nicht vergisst, unterscheidet ihn vom Menschen. Kann das zu Problemen führen, gibt es ein Recht auf »vergessen«? Sollen Daten regelmäßig gelöscht werden?
  • Daten sind Wissen. Gibt es Gebiete, die nicht durch KI miteinander verknüpft werden sollten?
Dies sind Fragen, die im Schwerpunkt Datenschutz und Ethik relevant sind. Dass Rheinland-Pfalz sich dieser Verantwortung stellt, zeigt sich z.B. an Veranstaltungen wie dem europaweiten digitalen Kongress »Trust in AI. Responsible AI for Science and Society«, der im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft in Kaiserslautern stattgefunden hat. Das Fraunhofer ITWM trug mit zur Diskussion bei und organisierte einen der Workshops.

Standort Kaiserslautern herausragend in puncto KI

Rheinland-Pfalz hat mit der in Kaiserslautern versammelten Kompetenz einen herausragenden KI-Standort. Gemeinsam mit den beiden Fraunhofer-Instituten sowie der RPTU Kaiserslautern ist Kaiserslautern u.a. mit dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) seit über 30 Jahren Impulsgeber für KI mit internationaler Strahlkraft.

Anita Schöbel ist der Anwendungsaspekt wichtig: »Das Fraunhofer ITWM legt besonderen Wert auf die mathematischen Grundlagen der Künstlichen Intelligenz und liefert die passenden Methoden für Anwenderinnen und Anwender. Aktuell fokussieren wir auf den Sektor Mobilität, aber wir nutzen KI auch zur Lösung von Aufgabenstellungen in den Schwerpunkten Gesundheit und Produktion.«

Online-Konferenz TRUSTinAI
© Fraunhofer ITWM
Auf der Online-Konferenz TRUSTinAI diskutierte unsere Institutsleiterin Anita Schöbel (Mitte) gemeinsam mit links Martin Ruskowski (SmartFactoryKL/DFKI) und rechts Peter Liggesmeyer (Fraunhofer IESE) u.a. zu den Themen »Responsible AI – Enabeling – Mathematics, Computer Science and Technology«.

Impressionen von Veranstaltungen und Aktivitäten der KI-Lotsin und ihrer Referentin

KI-Lotsin Prof. Dr. Anita Schöbel im Vortrag
© Gerhard Kopatz/Science Notes
KI-Lotsin Prof. Dr. Anita Schöbel im Vortrag zum Thema »Nachhaltiges Rechnen heute und in Zukunft« bei den Science Notes im April 2022.
KI-Lotsin Prof. Dr. Anita Schöbel im Vortrag
© Gerhard Kopatz / Science Notes
KI-Lotsin Prof. Dr. Anita Schöbel im Vortrag zum Thema »Nachhaltiges Rechnen heute und in Zukunft« bei den Science Notes im April 2022.
Dr. Henrike Stephani zu Gast in der Sendung »Herzlich digital ins Wochenende« bei Radio Antenne Kaiserslautern
© Fraunhofer ITWM
Dr. Henrike Stephani zu Gast in der Sendung »Herzlich digital ins Wochenende« bei Radio Antenne Kaiserslautern Sie erzählt und erklärt einiges zum Thema »Künstliche Intelligenz« (KI) und unseren KI-Projekten. Henrike Stephani ist Referentin der KI-Lotsin.