Simulation mechanischer Textileigenschaften

Bei der Arbeit in diesem Bereich stehen Simulationsmethoden im Fokus, die eine effiziente Vorhersage des Verhaltens von gewebten und gestrickten Textilien zulassen. Wichtige Parameter, die dabei einfließen, sind:

  • die mechanischen Eigenschaften der einzelnen Webgarne
  • sowie eine geeignete Beschreibung der verwendeten Maschengeometrie.

Herausforderung Reibungskoeffizienten zwischen Garntypen

Während sich die Dehnungseigenschaften der einzelnen Garne experimentell recht einfach ermitteln lassen, bereitet die Ermittlung von Reibungskoeffizienten zwischen verschiedenen Garntypen einen wesentlich größeren Aufwand. Die erforderlichen Garnparameter werden in der Regel an entsprechend experimentell ausgestatteten Textilinstituten bestimmt und uns dann zur Verfügung gestellt.

Der Anwendungsschwerpunkt liegt hierbei vor allem bei technischen und medizinischen Textilien, die gewisse Performanceanforderungen unbedingt einhalten müssen. Da gibt es etwa Verbände, die beim Tragen auf die Hautpartien des Patienten einen bestimmten Druck ausüben sollen. Oder es gilt herauszufinden, wie ein Material beschaffen sein muss, damit es möglichst viel Schutz bietet, sei es beispielsweise als kugelsichere Weste oder aber auch als Arbeitskleidung, etwa bei einer Schnittschutzhose.

Unsere Arbeiten münden in der Regel nicht in konkreten textilen Produkten, sondern eher in der Weiterentwicklung geeigneter Simulationswerkzeuge, mit denen die Auftraggeber verschiedene Simulationen – mit sich ändernden Material- oder Geometrieparametern – ablaufen lassen können. Hierdurch lässt sich neben der Simulationsbewertung eines konkreten Textildesigns, dann auch eine Optimierung der Performanceeigenschaften über verschiedene Designvarianten durchführen.

Auftraggeber aus den verschiedensten Branchen

Zu unseren Auftraggebern gehören u.a. Hersteller von:

  • Kompressionsverbänden
  • Autotextilien
  • Sicherungssystemen aller Arten
  • Arbeits- und Schutzkleidung

 

FiberFEM-Modell
© Fraunhofer ITWM
Struktur im FiberFEM-Modell

Potenzielle Kunden sind auch Firmen, die Textilien im weiteren Sinne für die Baubranche herstellen; gemeint sind Stoffe, die in Drainagen verbaut werden und einem gewissen Druck standhalten müssen. Neben den aktuell fokussierten mechanischen Textileigenschaften sollen zukünftig weitere Eigenschaften wie beispielsweise der Flüssigkeitstransport betrachtet werden.

Bei der numerischen Umsetzung der entsprechenden Berechnungsalgorithmen für die Mehrskalenprobleme wird ausgenutzt, dass der Quotient aus Durchmesser und Länge der Fasern und Garne in den Textilstrukturen sehr kleine Werte annimmt.

 

Kompression Abstandsgewirke
© Fraunhofer ITWM
Kompression Abstandsgewirke

Zusammen mit der Einführung weiterer asymptotischer Betrachtungen hinsichtlich des Garndurchmessers lassen sich die ursprünglich dreidimensionalen periodischen Hilfs-Kontaktprobleme auf der Textilmikrostruktur in der Dimension reduzieren und die Gesamtverformung lässt sich letztlich als Superposition von Zug, Biegung und Torsion eindimensionaler Balken berechnen.

Strömung Abstandsgewirke
© Fraunhofer ITWM
Strömung Abstandsgewirke

Softwarepaket TexMath

Als Werkzeug zur Simulation eines Textils dient die Finite-Element-Methode, die mit Stab- und Balkenelementen (nach der Anwendung) umgesetzt und für die Behandlung von Fadenkontaktproblemen mit Gleiten und Reibung in dem am Fraunhofer ITWM entwickelten Softwarepaket TexMath erweitert und implementiert wurde.

Als Eingangsgrößen benötigt TexMath neben der Mikrostrukturbeschreibung des betrachteten Textils die Faserquerschnittsgeometrie sowie mechanische Faserparameter, wie Zugsteifigkeit, Festigkeit, Lebensdauer und Reibung. Als Output werden die effektiven mechanischen Textilgrößen zurückgegeben.

Neben der Berechnung der effektiven mechanischen Materialeigenschaften für eine Vielzahl bereits existierender gewebter und gestrickter Textilien aus technischen und medizinischen Anwendungen, bietet der Ansatz auch das Potential zur gezielten Auslegung neuer Textilien mit vorgegebenem mechanischem Eigenschaftsprofil.

Neben der Bewertung eines bestimmten Textildesigns ermöglichen es die Werkzeuge auch, die Leistungsmerkmale für verschiedene Designvarianten zu optimieren. Entsprechende Berechnungsalgorithmen sind auf der Basis der Beam-Finite-Elemente-Methode, erweitert auf den Kontakt und die Reibung von Fasern, implementiert. Neben der Berechnung der effektiven mechanischen Materialeigenschaften für eine Vielzahl von bestehenden Geweben und Gewirken ermöglicht der Ansatz die optimale Gestaltung innovativer Textilien mit einem vorgegebenen mechanischen Eigenschaftsprofil.

Darüber hinaus kann der entwickelte Ansatz verschiedene Oberflächenbehandlungen für Textilien simulieren und analysieren. Auf diese Weise ist es möglich, die Qualität der resultierenden Stoffoberfläche im Voraus zu bestimmen, um die Bildung von Falten und anderen visuell inhomogenen Merkmalen zu verhindern.

Strickmuster-Optimierung, um ein vorgegebenes gewünschtes Spannungsprofil (linke Kurve) zu erreichen. Die rechte Kurve zeigt die Simulationsabweichung (den Fehler) in jedem Optimierungsschritt, in der Mitte wird die Musterevolution abgebildet.