Analyse der Alterung und des Mikrostrukturdesigns von Li-Ionen-Batterien durch Simulation

BMWK-Projekt »structur.e«: Die nächste Generation der Lithium-Ionen-Batterien

Zwei ausschlaggebende Kaufkriterien für batteriebetriebene Elektrofahrzeuge (Battery Electric Vehicles (BEV)) sind die Reichweite des Fahrzeugs und seine Schnellladefähigkeit. Die Batterie sollte deshalb sowohl eine hohe Energiedichte als auch eine hohe Leistungsdichte aufweisen. Diese beiden Kriterien stehen jedoch in einem Konflikt zueinander, so dass ein Kompromiss zwischen ihnen gefunden werden muss.

Das vom BMWK-geförderte Projekt »structur.e« befasst sich deshalb mit der Entwicklung von Verarbeitungstechniken, welche die Anodenmikrostruktur so modifizieren, dass die Leistungsdichte von Elektroden trotz hoher Energiedichte möglichst hoch ist. Damit wird die Schnellladefähigkeit von reichweitenstarken Elektrofahrzeugen verbessert. Der Schwerpunkt liegt speziell auf Anoden, da sie der limitierende Faktor für Schnellladeszenarien sind. Beim Schnellladen wird die Lebensdauer der Batterie aufgrund der Zelldegradation durch Lithium-Plating und durch Wachstum der Solid Electrolyte Interphase (SEI)-Schicht erheblich beeinträchtigt.

Unser Team vom Fraunhofer ITWM ist mit mathematischer Expertise und unserer elektrochemischen Simulationssoftware BEST am Projekt beteiligt. Wir entwickeln BEST für die Simulation von Zelldegradation und die Erfassung von Elektrodenstrukturierungsmethoden weiter. Das ermöglicht das Beantworten von Designfragen im Rahmen des Projekts und gibt Einblicke in die internen Transportprozesse von Li-Ionen-Batterien.

Herausforderungen für die Automobilindustrie und deren Auswirkungen auf die Anforderungen an Li-Ionen-Batterien für Elektrofahrzeuge
© Fraunhofer ITWM
Herausforderungen für die Automobilindustrie und deren Auswirkungen auf die Anforderungen an Li-Ionen-Batterien für Elektrofahrzeuge

Zellalterung und Degradation – Simulationen in BEST

Das Zellaltern wird maßgeblich von der Stabilität und dem Wachstumsverhalten der Solid Electrolyte Interphase (SEI)-Schicht beeinflusst – einer dünnen, porösen Schicht, die sich auf dem aktiven Anodenmaterial bildet. Daher ist es wichtig, diesen Effekt in Simulationen zu erfassen, um das Alterungsverhalten von Li-Ionen-Batterien korrekt vorherzusagen. 

Im Projekt haben wir ein SEI-Modell für das langfristige Wachstum der Schicht unseres Projektpartners DLR in unser BESTmicro-Modell implementiert. Das daraus resultierende Zellalterungsmodell ist in der Lage sowohl das kalendarische als auch das zyklische Alterungsverhalten zu beschreiben, das sich aus der inhomogenen Wachstumsdynamik der SEI entlang der aktiven Anodenoberfläche ergibt. 

Dabei kann die resultierende Alterungsrate anhand des Kapazitäts- und Leistungsverlust innerhalb der Simulation quantifiziert werden. Was die Implementierung betrifft, konnten wir die Performanz und Stabilität der Zellalterungssimulationen durch eine Weiterentwicklung unseres numerischen Lösungsverfahren erheblich verbessern. Die Entwicklung beruht auf einer Auswahl von mathematischen Methoden, welche sich die physikalischen Eigenschaften des Modells zu Nutze machen und dadurch eine effizientere Berechnung ermöglichen.

Darüber hinaus haben wir eine angepasste Form des SEI-Modells in unserem homogenisierten Zellmodell BESTmeso integriert. Simulationen mit diesem Modell können mit erheblich weniger Rechenaufwand durchgeführt werden, auf Kosten eines geringeren Detailgrads, welcher jedoch zumindest Schätzungen des effektiven Zellalterungsverhaltens und des effektiven SEI-Wachstumsverhalten auf der Elektrodenskala ermöglicht.

Qualitative Beispiele für Vollzellensimulationen unter Berücksichtigung des Wachstums der SEI während der Lagerung oder der Zyklisierung in BESTmicro und BESTmeso.
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Qualitative Darstellung von Zellalterungssimulationen durch SEI-Wachstum in BESTmicro und BESTmeso. Ausgehend von einer initialen, dünnen SEI-Schicht, bilden beide Modelle das langfristige SEI-Wachstum während der Lagerung und des dynamischen Betriebs ab. Die detaillierte Simulation in BESTmicro löst die inhomogene SEI-Schichtdicke entlang der komplexen Oberfläche der Anodenmikrostuktur auf, während die effizientere BESTmeso-Simulation die effektive Schichtdicke auf der homogenisierten Elektrode beschreibt.

Analyse der 3D-Elektrodenperforation durch Simulationen in BEST

Das Projekt »structur.e« nimmt verschiedene 3D-Mikrostrukturierungstechniken in den Blick, um die Schnellladefähigkeit von Li-Ionen-Batterien mit hoher Energiedichte zu verbessern. Ein entscheidender Ansatz ist dabei das Einbringen von Elektrolytkanälen in der Anode, um die Zugänglichkeit des Aktivmaterials tief im Inneren der Elektrode zu verbessern. Die Folgen: die Interkalation, d.h. die reversible chemische Einlagerung von Lithium in das Aktivmaterial, erfolgt homogener über die Elektrode und das Risiko für Lithium-Plating ist geringer. Geht man von einer festen Energiedichte aus, stellt sich die entscheidende Frage, ob die lokale Verteilung der Elektrodenporosität in Form von Elektrolytkanälen im Vergleich zu Elektroden mit derselben effektiven, aber homogenen Porosität einen Vorteil bietet.

Während diese Designfrage auch mit BESTmicro untersucht werden kann, konzentrieren wir uns in diesem Projekt auf den Einsatz von BESTmeso, um effizientere Simulationen zu erhalten. Unsere entwickelte Modellanpassung ermöglicht es, die dreidimensionalen Perforationsmuster innerhalb von entsprechend aufgelösten Simulationen mit BESTmeso zu erfassen. Um den Elektrolyttransport innerhalb verschiedener Anodendesigns zu bewerten, bestimmen wir den Ionenwiderstand der Elektroden anhand elektrochemischer Impedanzsimulationen von symmetrischen Zellen. Die getesteten Anodendesigns und die erhaltenen Impedanzergebnisse sind in der Abbildung dargestellt.

Unsere Simulationen zeigen, dass die Perforation den Ionenwiderstand der Elektrode im Vergleich zu einer unperforierten Elektrode mit der gleichen effektiven, aber homogenen Porosität verbessern kann. Dies hängt jedoch von der Form und Verteilung der Elektrolytkanäle ab. Variiert man die Parameter des Perforationsmusters – unter der Annahme eines konstanten Volumenabtrags – so lässt sich ein Trend für ein optimales Design für die betrachtete Zelle identifizieren, das tiefe, schmale und dicht verteilte Elektrolytkanäle aufweist.

Ergebnisse von Impedanzsimulationen symmetrischer Zellen in BESTmeso
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Ergebnisse von Impedanzsimulationen symmetrischer Zellen in BESTmeso unter Verwendung verschiedener Anodendesigns. Das kleine Diagramm zeigt einen vergrößerten Ausschnitt des Nyquist-Diagramms auf der linken Seite. Die erhaltene Impedanz ermöglicht die Bestimmung des Ionenwiderstandes der Elektrodendesigns, welcher monoton von der Länge des 45° Liniensegments abhängt . Der niedrigste Widerstand wird mit Anode 8 erzielt, der höchste mit Anode 1.

Projektförderung und -laufzeit

Das Projekt ist auf vier Jahre angesetzt (01.05.2019 – 30.04.2023) und wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimapolitik (BMWK) gefördert (Förderkennzeichen: 03ETE018G). 

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