Herbstschule der Felix-Klein-Akademie 2022

Einmal im Jahr findet an unserem Institut die einwöchige Herbstschule für Stipendiatinnen und Stipendiaten der Felix-Klein-Akademie statt. Dabei arbeiten die Studierenden in Gruppen zusammen mit uns an verschiedenen Projekten. Neben den Aufgaben aus der Arbeitspraxis des Instituts erwarten die Gruppen auch spannende Fachvorträge und ein buntes Freizeitprogramm. 

Die Gruppen setzen sich aus Mathe-Studentinnen und -Studenten verschiedener Fachsemester zusammen. Ihre Aufgabe besteht darin, ein reales Problem in ein mathematisches zu übersetzen. Das Modell, welches hierbei entwickelt wird, werten sie aus und überprüfen die Lösung auf ihre Relevanz. Ihre Ergeb­nisse präsentieren sie am Ende der Woche im Plenum. Die Teilnehmenden konnten vorab zwischen vier Projekten mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten wählen:

Unsere Gruppen in der Herbstschule 2022

Abschlusspräsentation Gruppe Fernwärme
© Fraunhofer ITWM
Abschlusspräsentation zum Thema »Bedarfsgerechte Optimierung von Fernwärmenetzen«.
Abschlusspräsentation zum Thema »Bedarfsgerechte Optimierung von Fernwärmenetzen«.
© Fraunhofer ITWM
Abschlusspräsentation zum Thema »Bedarfsgerechte Optimierung von Fernwärmenetzen«.

1. Gruppe mit dem Thema: Optimierung von Fernwärmenetzen

Betreuerin: Johanna Heidrich, Abteilung »Transportvorgänge« (TV), Fraunhofer ITWM 

Die Versorgung von Haushalten mit Wärmeenergie über Fernwärmenetze bietet die Möglichkeit, Abwärme aus der Stromproduktion oder der Industrie nutzbar zu machen. Fernwärmenetze sind geschlossene Kreislaufsysteme in dem Sinne, dass Wasser von Heizkraftwerken durch ein Rohrsystem zu den Verbrauchern gepumpt wird und durch parallel verlegte Rohre zurückfließt. Die Energie wird übertragen, indem das Wasser im Werk erhitzt und beim Verbraucher Wärme über einen Wärmetauscher ins Hausnetz übertragen wird. Innerhalb des Netzes wird der Energiefluss nicht vom Netzbetreiber vorgegeben, sondern ergibt sich aus der von den Verbrauchern entnommenen Energie. Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten und die Energieverluste im Netz zu minimieren, muss die Einspeisetemperatur am Werk entsprechend angepasst werden. Ein Vorheizen in den Stunden vor einem Spitzenwert, bei dem das Netz mit Wasser von maximaler Temperatur gefüllt wird, erlaubt es, den Spitzenbedarf mit einer gleichmäßigen Einspeiseleistung zu decken.

In diesem Workshop betrachten wir zunächst ein abstrahiertes Modell mit einer Wärmequelle, einer Leitung sowie einem Verbraucher, der ein periodisches Verbraucherprofil aufweist mit den zwei typischen Peaks zur Morgen- sowie Abendzeit. Wie sieht nun für so eine Nachfrage mit Spitzenwerten die optimale Einspeisetemperatur bei konstanter Einspeiseleistung aus? Diese Fragestellung nimmt die erste Gruppe gemeinsam unter die Lupe genommen.

Abschlusspräsentation der Gruppe zur »Verkehrsflussoptimierung«.
© Fraunhofer ITWM
Abschlusspräsentation der Gruppe zur »Verkehrsflussoptimierung«.
Publikum Abschlusspräsentation.
© Fraunhofer ITWM
Publikum Abschlusspräsentation.

2. Gruppe mit dem Thema: Verkehrsflussoptimierung – Optimale Regelung von Verkehrsflüssen mit Hilfe von intelligent gesteuerten (z.B. autonomen) Fahrzeugen

Betreuer: Urs Baumgart und Vicky Holfeld, Bereich »Matmatik für die Fahrzeugentwicklung« (MF), Fraunhofer ITWM

Immer höher werdende Verkehrsaufkommen führen zu längeren Staus, mehr Unfällen und größeren Emissionen. Gleichzeitig möchten wir den Verkehr gerne sicherer, effizienter und nachhaltiger gestalten. Während Verkehr bisher vor allem durch statische Objekte wie Ampeln und Geschwindigkeitsbegrenzungen gesteuert werden konnte, erlauben neue Technologien eine direktere Interaktion mit verschiedenen Verkehrsteilnehmern. Zum einen werden immer mehr Verkehrsdaten erfasst und können in nahezu Echtzeit übermittelt werden, zum anderen verfügen moderne Fahrzeuge über immer bessere Assistenzsysteme bis hin zu komplett autonomen Fahrzeugen. Im Gegensatz zu menschlichen Fahrern könnten diese Fahrzeuge in Zukunft direkt mit dem Ziel gesteuert werden, den Verkehrsfluss aller Verkehrsteilnehmer zu optimieren.

Ein spannendes Beispiel um dies zu untersuchen ist das künstliche Verkehrsszenario der Ring Road. Hier lassen sich typische Phänomene wie die Entwicklung von Staus oder Stop-and-Go-Wellen durch ineffizientes menschliches Fahrverhalten erkennen, wie sie typischerweise auch auf Autobahnen oder im Stadtverkehr auftreten. Ziel in diesem Szenario ist es nun, einen menschlichen Fahrenden durch ein intelligent-gesteuertes Fahrzeug zu ersetzen und so den Verkehrsfluss für alle Fahrzeuge zu optimieren.  Die Aufgabe der zweiten Gruppe besteht darin sich zunächst mit den Grundlagen der Verkehrsmodellierung vertraut zu machen. Danach wollen wir die Ring Road modellieren und darauf Verkehr simulieren, um ineffizientes menschliches Fahrverhalten untersuchen zu können. Schlussendlich schauen wir uns verschiedene Regelansätze für das intelligent-gesteuertes Fahrzeug an, mit dem Ziel den Verkehr auf der Ring Road zu stabilisieren.

Abschlusspräsentation der Gruppe zur »Modellierung von fairen Dienstplänen«.
© Fraunhofer ITWM
Abschlusspräsentation der Gruppe zur »Modellierung von fairen Dienstplänen«.

3. Gruppe mit dem Thema: Ist das fair? Modellierung von Fairness in der Dienstplanung

Betreuer: Till Heller, Bereich »Optimierung« (OPT), Fraunhofer ITWM 

Wir alle wollen fair behandelt werden. Was jedoch fair bedeutet, ist oftmals gar nicht so klar und hängt vom Kontext der Betrachtung ab. Gemeinsam schaut sich die Gruppe Fairness im Kontext der Dienstplanung an. Hier betrachten wir den Anwendungsfall der Dienstplanung einer Feuerwehr, bei der die Schichten durchgehend besetzt sein müssen.

In der Regel werden Tagschichten den Nachtschichten vorgezogen und Wünsche für Freischichten bzw. Urlaubstage sollen ebenfalls berücksichtigt werden, die zusätzlich noch zueinander in Konflikt stehen können. Wie können nun über einen längeren Zeitraum faire Dienstpläne erstellt werden, die sowohl aktuelle Wünsche (wer möchte wann (unbedingt) Urlaub haben?) als auch die Vergangenheit (wer hat welche Schicht im letzten Plan übernommen? Wer hat im Konfliktfall den Wunsch nicht bekommen?) mit einfließen lassen. Wir werden uns gemeinsam Kriterien überlegen, anhand derer wir die Wunscherfüllung/Vergangenheit und somit die Fairness von Dienstplänen messen können. Diese Kriterien sollen nun in einen Algorithmus einfließen, sodass fairere Dienstpläne erstellt werden. Um diese von uns entwickelten Kriterien zu testen, wollen wir uns schlussendlich auch Strategien für taktisches Wünschen ausdenken, die den Planungsalgorithmus zu überlisten versuchen.

Abschlusspräsentation der Gruppe zur »Zeitreihendekomposition von Leistungsdaten«.
© Fraunhofer ITWM
Abschlusspräsentation der Gruppe zur »Zeitreihendekomposition von Leistungsdaten«.

4. Gruppe mit dem Thema: Zeitreihendekomposition von Leistungsdaten

Betreuer: Jens Göbel, Abteilung »Systemanalyse, Prognose und Regelung« (SYS), Fraunhofer ITWM 

Im Projekt OpenMeter werden Leistungsdaten von öffentlichen Gebäuden gesammelt, analysiert und aufbereitet. Durch den Vergleich können Energiemanager:innen den Energieverbrauch in ihrer Kommune optimieren. Weitere Anwendung können die daraus gewonnenen Modelle in der Prädiktion für Energieversorgende haben. Diese Messdaten liegen als Zeitreihen vor und werden euch zur Verfügung gestellt. Aufgabe der Gruppe st es, ein Modell zu erstellen und an die Lastprofile anzupassen, sodass diese möglichst gut beschrieben und vorhergesagt werden können. Dabei soll sich das Modell aus Termen zusammensetzen, die einen prototypischen Tag, Woche, Jahr, sowie einen langfristigen Trend beschreiben. Ansonsten sind Kreativität bei Modell und Methode keine Grenzen gesetzt. Besondere Beachtung müssen dabei auch unvollständige Messreihen, sowie Zeiträume wie Wochenenden, Ferien und Feiertage finden.

Workshop-Besuch zu Künstlicher Intelligenz ebenfalls im Programm

Parallel zur diesjährigen Herbstschule findet mittwochs bis freitags der Workshop Mathematics in the Artificial and Biological Intelligence mit dem KI-Experten Prof. Dr. Illia Horenko statt. 

Prof. Dr. Illia Horenko ist seit 1. Juli 2022 neuer Professor am Fachbereich Mathematik der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU). Er vertritt dort das Lehrgebiet Künstliche Intelligenz. Mit dem Fraunhofer ITWM ist er schon seit einigen Monaten durch Projekte verbunden. Während der Felix-Klein-Herbstschule stellt er sein Arbeitsgebiet näher vor.
 

Freizeitprogramm in mittelalterliche Welten

Für die Teilnehmenden ging es als nicht-mathematischen Ausgleich außerdem auf eine Exkursion zur Burg Trifels in Annweiler:

Exkursion zur Burg Trifels in Annweiler
© Fraunhofer ITWM
Exkursion zur Burg Trifels in Annweiler
Exkursion zur Burg Trifels in Annweiler
© Fraunhofer ITWM
Exkursion zur Burg Trifels in Annweiler
Exkursion zur Burg Trifels in Annweiler
Exkursion zur Burg Trifels in Annweiler