Strukturanalyse zur Rückverfolgung von Umformteilen

Projekt INSITU: Intrinsische Strukturanalyse zur Identifikation und Traceability von Umformteilen

Im Projekt INSITU entwickeln wir gemeinsam mit zwei anderen Fraunhofer-Instituten Werkzeuge und Methoden zur lückenlosen Rückverfolgung von Umformteilen über die gesamte Produktionskette hinweg.

Ein Bauteil mit seinen individuellen Merkmalen zu jedem Zeitpunkt der Verarbeitung zu identifizieren und zurückverfolgen, das ist Voraussetzung für viele prozessbeeinflussende Entscheidungen in der Produktion. Die Optimierung von Qualität, Produktivität und Kosten hängt davon ab. Gerade beim Stichwort Industrie 4.0 – in den sich selbst organisierenden Wertschöpfungsnetzwerken der Zukunft – ist diese Traceability (Rückverfolgbarkeit) unverzichtbar. Das herzustellende Produkt muss jederzeit eindeutig identifizierbar und lokalisierbar sein, damit der Produktionsvorgang automatisiert werden kann.

Zerstörungsfreie Prüfung von Bauteilen

Bisher genutzte Objektkennzeichnungen – wie beispielsweise Etiketten, Barcodes, IC-Chips, Hologramm-Aufkleber oder andere Identifikations-Tags – sind nur bedingt geeignet, da sie nicht dauerhaft und unbeschädigt auf dem Objekt verbleiben. Ändert sich die Oberfläche während der Verarbeitung, ist die Identifikation nicht mehr möglich. Es fehlte bisher an sensorischen Verfahren, die auch dann noch eine durchgängige Traceability erlauben, wenn die Bauteile während ihrer Verarbeitung verändert wurden, z.B. durch Umformung, spanende Bearbeitung oder Beschichtung.
 

Identifikation durch Werkstoffeigenschaften

Wir nutzen im Projekt INSITU daher Verfahren der zerstörungsfreien Prüfung (ZfP), um das Bauteil anhand von Merkmalen aus dem Bauteilinneren – wie Werkstoffeigenschaften oder tolerierbare »Fehler« – zu identifizieren. Solche sensorischen Verfahren werden bisher überwiegend für die Qualitätsprüfung eingesetzt. Durch große Versuchsreihen konnten wir feststellen, dass bestimmte Werkstoffeigenschaften eindeutige Sensorsignale liefern, die dann wiederum eine eindeutige Identifikation ermöglichen.

Durch Kombination mehrerer Verfahren ist dieser Ansatz der Bauteilidentifikation für verschiedene metallische Werkstoffe (z.B. Stahl, Aluminium) und verschiedene Bauteiltypen (Bleche, Gussteile etc.) optimal. Die sensorisch gewonnenen Identifikationsdaten werden in einem Merkmalsraum gespeichert und stellen das Bauteil als eindeutiges Individuum dar.

Idealisiertes Presswerk
© Fraunhofer IWU
Forscher am Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU in Chemnitz haben sich Industrie 4.0 im Bereich des Maschinenbaus auf die Fahnen geschrieben – und widmen sich unter anderem dem Presswerk der Zukunft. Ein solches idealisiertes Presswerk hat viele potentiell mehrwerterzeugende Positionen für Identifikationssensoren.

Machine Learning und digitales Objektgedächtnis

Diesen Merkmalsraum klassifizieren wir anschließend mittels geeigneter Machine-Learning-Methoden. Unterstützt wird die Identifikation durch ein digitales Objektgedächtnis. Als DOMe (für Digital Object Memory) bezeichnet man einen Datenspeicher, in dem fortlaufend alle relevanten Informationen zu einem konkreten physischen Objekt gesammelt werden.
 

Ziele des Projektes

  • Entwicklung eines industrietauglichen Sensorsystems für die Bauteilidentifikation im Bereich der Blechumformung, inklusive eines cloudbasierten Datenmanagementsystems zur Verwaltung und Rückverfolgung produktbezogener Daten
  • Erweiterung bestehender Sensorsysteme um die zusätzliche Funktionalität der Bauteilidentifikation, beispielsweise zur Qualitätsprüfung von Gussbauteilen
  • Realisation einer lückenlosen Bauteilidentifikation entlang der gesamten Fertigungskette auf Basis eines multisensorischen Ansatzes
     

Unsere Aufgaben und Expertise im Projekt

Maschinelles Lernen ist bei uns am Institut seit Jahren fester Bestandteil vieler Forschungstätigkeiten. Wir entwickeln bereits in zahlreichen Projekten mathematische Modelle und Bildanalysealgorithmen und setzen sie in industrietaugliche Software um. Wir arbeiten zudem mit Hybriden aus »klassischen« parametrisierbaren Verfahren und Lernansätzen.

Unsere Schwerpunkt bei INSITU liegen in folgenden Bereichen:

  • Entwicklung der Merkmalsdatenbank
  • Erzeugung stochastischer Strukturmodelle und der Trainingsdaten
  • Modellbasiertes Machine Learning

Lernverfahren wie Deep Learning erfordern eine hohe Anzahl von zuverlässigen Daten, die oft nicht bereitsteht. Daher entwickeln wir modellbasierte Lernansätze. Es werden Annahmen über Objekte modelliert und diese Modellierung als Input für automatisierte Verfahren genutzt. Einen solchen »Model-Based-Machine-Learning« Ansatz nutzen wir auch im Projekt.
 

Projektbeteiligte

 

Laufzeit des Projektes:
01.02.2018 – 31.01.2021