ProP4CableSim – Simulation von Kabelsystemen in Fahrzeugen

DFG-Projekt ProP4CableSim: Property Predictor for Cable Simulations

Im Projekt »ProP4CableSim« beschäftigen sich unsere Forschenden mit der Vorhersage der elastischen Eigenschaften von Kabelsystemen. Es ist Teil eines besonderen Transferprogramms der Fraunhofer-Gesellschaft und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Partner des Fraunhofer ITWM sind die Universität des Saarlandes und das ITWM-Spin-off fleXstructures GmbH.

 

In modernen Fahrzeugen sind äußerst komplexe Kabelsysteme verbaut und bis zu 900 verschiedene Kabeltypen mit unterschiedlichen Strukturen sowie Funktionen kommen dabei zum Einsatz. Sie versorgen und verknüpfen zahlreiche Sensoren und Minicomputer, die untereinander kommunizieren und vernetzt steuern: vom Tempomat, Spur- oder Bremsassistenten bis hin zum Fensterheber.

Der Kabeleinbau ist nach wie vor eine komplexe und aufwändige Arbeit. Schließlich muss das gesamte Nervenkostüm des Autos auf kleinstem Raum in Karosserie und Innenverkleidung verschwinden, ohne dass sich Kabel verheddern. Dabei darf kein Kabel zu sehr verbogen oder verdreht werden, sonst funktioniert bald weder Strom- noch Datenfluss. Auch können Kabel infolge des komplizierten Einbaus Schaden nehmen und zu Sicherheitsrisiken oder teuren Rückrufaktionen führen.

Kabelbaum
© Fraunhofer ITWM/fleXstructures
Modell eines Kabelbaums für Automobilanwendungen.

Kabeleigenschaften simulieren und vorhersagen

Nicht selten stellen sich Engstellen erst im Prototyp heraus und es muss umgeplant werden. Es bietet sich deshalb an, bereits in frühen Designphasen durch Einbausimulationen das Verlegen der flexiblen Kabelsysteme zu untersuchen. Für die Simulationsmodelle sind dabei mechanische Parameter nötig, um die Verformungen möglichst realitätsnah abzubilden.

Eine effiziente Methode, die mechanischen Eigenschaften eines Kabelsystems zu bestimmen, ist die experimentelle Messung, kombiniert mit der datenbasierten Vorhersage der nichtlinearen Systemeigenschaften. Hier setzt das Projekt »ProP4CableSim« (Kürzel steht für Property Predictor for Cable Simulations) an. Ziel ist es, die elastischen Eigenschaften von Kabelsystemen für die Einbausimulation vorherzusagen. Damit können Anwendende bereits in frühen Designphasen die mechanischen Eigenschaften von Kabelsystemen abschätzen und damit eine Bauraumauslegung planen.

Etablierte Software »IPS Cable Simulation« weiterentwickeln

Die Arbeiten in »ProP4CableSim« ergänzen »IPS Cable Simulation«, das Softwarepaket für die strukturmechanische Simulation von Kabeln, Kabelsystemen und Schläuchen. Es wurde gemeinsam von unseren Forschenden am Fraunhofer ITWM und unserem schwedischen Schwesterinstitut Fraunhofer-Chalmers Centre for Industrial Mathematics FCC in Göteborg entwickelt und wird von unserem Spin-off fleXstructures weiterentwickelt und vertrieben.

Namhafte Unternehmen der Automobilindustrie nutzen IPS Cable Simulation bereits und können sich dank »ProP4CableSim« auf neue Anwendungsszenarien freuen: Auch die Kopplungseffekte von Biegung und Torsion sowie nichtlineares Verhalten der Kabel sind am Ende des Projektes simulierbar.

Bündelquerschnitt
© Fraunhofer ITWM
Die Nervenbahnen im Fahrzeug bestehen aus dicken Bündeln. Im Bild: Querschnitt verschiedener Kabelbündel.
Mit unserem Tool IPS Cable Simulation lassen sich die vielen unterschiedlichen Kabel, welche beispielsweise in Autos eingesetzt werden, simulieren.
© Volvo Cars und Fraunhofer-Chalmers Research Centre
Mit unserem Tool IPS Cable Simulation lassen sich die vielen unterschiedlichen Kabel, welche beispielsweise in Autos eingesetzt werden, simulieren.

Daten und Modelle aus der Wissenschaft

In »ProP4CableSim« fließen Forschung, anwendungsorientierte Wissenschaft und Industriepraxis zusammen, deshalb profitiert das Projekt von den unterschiedlichen Schwerpunkten und Expertise der Beteiligten:

  • Der Lehrstuhl für Angewandte Mechanik der Universität des Saarlandes (Professor Diebels und seine Arbeitsgruppe) führt umfangreiche experimentelle Untersuchungen an unterschiedlichen Kabelproben durch und bestimmt mechanische Parameter der Kabelsysteme. Auf eigens hierfür entwickelten Versuchsständen biegen, belasten und verdrehen sie verschiedene Kabelarten und sammeln Daten und Parameter.
  • Unter der Leitung von Dr.-Ing. Joachim Linn nutzen unsere Forschenden am Fraunhofer ITWM die so gewonnenen Daten, um die Kabelsysteme zu modellieren. Im Fokus steht hierbei, welche Wechselwirkungen entstehen, wenn sich unterschiedliche Kabeltypen gleichzeitig biegen und verdrehen (Torsion). Zum Einsatz kommen dabei auch Methoden des Maschinellen Lernens (ML).

Materialproben aus der Anwendung: Schneller von der Theorie zur Praxis

Anwendungspartner im Projekt ist unser Spin-off fleXstructures GmbH, das ebenfalls eng mit der Automobilindustrie zusammenarbeitet. Hinzu kommen so Materialproben aus erster Hand und es wird sichergestellt, dass die in der Fahrzeugindustrie verwendeten Kabelsysteme auch in den Messreihen berücksichtigt werden. »Das Probenmaterial deckt die Vielfalt realer Bündelstrukturen ab, repräsentiert also alle möglichen Varianten an Kabeln und Schläuchen«, erläutert Dr.-Ing. Michael Koch, Forschungskoordinator bei fleXstructures GmbH.

Unsere Projektpartner

Die Projektleitung liegt bei Dr.-Ing. Joachim Linn (Fraunhofer ITWM) und Prof. Stefan Diebels (Universität des Saarlandes).

 

Förderung und Projektlaufzeit

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und die Fraunhofer-Gesellschaft fördern trilaterale Projekte wie »ProP4CableSim«, um Lücken zwischen Grundlagenforschung und Anwendung zu schließen.

ProP4CableSim startete 2021 und ist auf drei Jahre ausgelegt.

Saarbrücker Lehrstuhl für Angewandte Mechanik
© Universität des Saarlandes
Prof. Stefan Diebels und Doktorandin Carole Tsegouog vom Saarbrücker Lehrstuhl für Angewandte Mechanik untersuchen an eigens weiterentwickelten Versuchsständen, welche Kräfte auf Kabel wirken, wenn sie zugleich gebogen und verdreht werden.