Anwendungsbeispiel Holzplatten: Maschinelles Lernen in der Oberflächeninspektion

System zur Inline-Oberflächeninspektion und Qualitätskontrolle mit hybriden Ansätzen optimieren

Unsere Forschenden entwickeln neue Methoden, um das Erkennen von Fehlern auf Oberflächen in der Produktion zu automatisieren. Wir nutzen dafür hybride Methoden, die klassische Bildverarbeitung mit Künstlicher Intelligenz (KI) kombinieren. So schaffen wir ein zuverlässiges und anpassungsfähiges Inspektionssystem, das unter realen Produktionsbedingungen funktioniert und die Qualitätssicherung erheblich verbessert. Die Systeme überprüfen Oberflächen sehr genau und finden selbst kleine Fehler, die mit dem menschlichen Auge schwer erkennbar sind.

Dabei arbeiten wir daran, Maschinelles Lernen – insbesondere Deep Learning – für die Oberflächeninspektion zu erschließen. Wir entwickeln und implementieren komplexe Inline-Inspektionssysteme, die auf tiefen Neuronalen Netzwerken basieren. Ein konkretes Anwendungsbeispiel ist das Inspektionssystem für Regalplatten aus Holz, das durch verschiedene Bildaufnahmetechniken eine hohe Defekterkennungsrate erreicht und die manuelle Inspektion ersetzt.

Klassische Bildverarbeitungsmethoden und moderne KI-basierte Verfahren: Hybride Ansätze als Kombination des besten aus zwei Welten

In vielen industriellen Produktionsstätten ist die manuelle Kontrolle durch den Menschen immer noch die Methode der Wahl, wenn es um Oberflächeninspektion geht. Gründe dafür ist die Flexibilität der Arbeitenden. Allerdings sind automatische Systeme wiederholgenauer, die Ergebnisse lassen sich besser nachvollziehen und sie sind langfristig kostengünstiger.

Während lange Zeit von Expertinnen und Experten modellierte Erkennungssysteme der Standard waren, sind seit etwa 15 Jahren KI-basierte Systeme (auch Deep Learning oder datenbasierte Verfahren) immer weiter verbreitet. Unabkömmlich sind diese datenbasierten Verfahren insbesondere bei der Inspektion natürlicher Materialien wie Holz. 

Der Einsatz von Deep Learning in komplexen Online-Oberflächeninspektionssystemen ist allerdings kompliziert. Speziell die »schiefe« Datenlage ist oft ein Problem: Es gibt in der Regel wenig Fehlerbilder und viele »gute« Produktteile. Weiterhin müssen Beispiele für alle Fehlerklassen vorab gesammelt werden, sie lassen sich in ihrer Zuordnung nur schwer ändern.

Aus diesem Grund verwenden wir in der Regel einen hybriden Ansatz. Hier verbinden wir die Vorteile klassischer Bildverarbeitung mit denen der Deep Learning Methoden. Mithilfe von klassischen Lösungen kommen wir zunächst zu schnellen ersten Lösung, die wir dann nutzen, um eine Datenbasis für die KI-basierten Verfahren zu erzeugen.

Defekterkennung mit klassischer Bildverarbeitung (links) und unserer Methode (rechts).
© Fraunhofer ITWM
Defekterkennung Vergleich: erste Kandidatensuche mit klassischer Bildverarbeitung (links) und im finalen System mithilfe von KI (rechts).
Tool zum Annotieren
© Fraunhofer ITWM
Benutzungsdefiniertes Tool zum Annotieren: Möglichst detaillierte Darstellung der verschiedenen Aufnahmen der Fehlerkandidaten (links untereinander, normalisiert und im Original) sowie rechts deren Position im Holzpanel. Mitte: Auswahlmöglichkeiten für die Annotation.

Praxisbeispiel: Oberflächeninspektionssystem für Regalplatten

Ein Anwendungsbeispiel aus unserer Forschungspraxis ist das Inline-Inspektionssystem für Regalplatten. Es ersetzt bei der Produktion von Holzplatten zukünftig die manuelle Inspektion. Wir nutzen dabei verschiedene Bildaufnahmetechniken, um eine hohe Defekterkennungsrate sicherzustellen und den gestiegenen Produktionsanforderungen gerecht zu werden.

Die Produktvarianten bestehen aus einfarbigen Paneelen sowie Holzdekor. Die Platten haben unterschiedliche Größen. Der Fehlerkatalog besteht aus typischen Fehlern wie Kratzern, Löchern oder auch einigen spezifischen Fehlern wie Verfärbungen, Leimüberschüssen oder Linien. Insbesondere die holzartigen Dekore mit unregelmäßigen Mustern ihrer Oberflächen sind ein entscheidender Grund, hier mit einem Deep-Learning-Algorithmus zu arbeiten.

Erfahrungen: Effektiver Einsatz von Deep Learning in der industriellen Oberflächeninspektion

Die genaue Erstellung der Datenbasis ist der zentrale Erfolgsfaktor bei KI-basierten Verfahren. Obwohl der Fehlerkataloge als Grundlage dafür dient, so ist doch die enge Kommunikation zwischen der Produktion, der manuell-visuellen Kontrolle und den KI-Profis essenziell, um diese Datenbasis zu erstellen. Alle beteiligten Parteien müssen hier Übersetzungsarbeit für ihre jeweilige Expertise leisten.  

Bei der Erkennung von Fehlern auf Holzplatten ist diese Art der engen Kooperation geglückt und es wurde eine gute Datenbasis gefunden. Das System erreicht eine hohe Präzisions- und Recall-Werte für verschiedene Defektkategorien. Unser hybrider Ansatz hat dabei die Entwicklungszeit verkürzt und die Kommunikation mit den verschiedenen Interessenten sowie das Erstellen des Fehlerkataloges vereinfacht. Auf diese Art können wir die Effizienz erhöhen und zuverlässige und konsistente Inspektionssysteme etablieren. 

Im Anwendungsfall definierter Fehlertyp »sinkhole« (Löcher oder Senkungen in der Holzoberfläche) mit unterschiedlicher Intensität.
Illustration der Varianz der Fehlertypen: Von links nach rechts der gleiche Fehlertyp stark bis schwach in unterschiedlicher Intensität.