EDDA – Effiziente humanitäre Hilfe durch intelligente Bildanalyse

Künstliche Intelligenz und Remote Sensing für den Katastrophenschutz

Im Falle einer Katastrophe, sei es Hochwasser, Erdbeben oder Hurrikan, ist die Versorgung von Notleidenden mit humanitärer Hilfe von entscheidender Bedeutung. Das World Food Programme (WFP) entsendet in solchen Fällen Teams, um die betroffene Bevölkerung mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Die Einsatzteams von Hilfsorganisationen sehen sich mit der Herausforderung konfrontiert, sich in zerstörten Gebieten innerhalb kürzester Zeit zurechtzufinden. Eine Möglichkeit, Informationen für die Verteilung von Hilfsgütern zu erhalten, besteht darin, die Anzahl der zerstörten Gebäude zu erfassen und anhand dessen die Anzahl der Menschen zu schätzen, die Unterstützung benötigen. Die Teams des WFP setzen dabei Drohnen ein, um Bildmaterial zu generieren, welches anschließend manuell ausgewertet wird. Ein Team unserer Abteilung »Bildverarbeitung« entwickelt eine Software, welche die humanitäre Hilfe schneller an das richtige Ziel bringt. Die Software wertet die mit den Drohnen aufgenommenen Bilder aus, wobei alle Gebäude durch eine KI detektiert und deren Zerstörungsgrad ermittelt wird. 

EDDA ist eine vollautomatische KI-Software, die Drohnenbilder für das WFP auf einem Notebook mit Künstlicher Intelligenz (KI) analysiert. Das Tool liefert eine Auswertung

  • zum Ausmaß der Katastrophe
  • zur Lokalisierung hilfsbedürftiger Personen
  • zur Identifikation von Rettungswegen in Echtzeit

Die Einsatzteams können so Hilfsgüter schnell an den Bestimmungsort bringen. Die Software zielt darauf ab, durch eine zeitnahe, automatisierte Datenanalyse eine valide Grundlage für lebensrettende Entscheidungen in der Notfallkoordination zu schaffen. Die Einsatzteams identifizieren damit verlässliche Routen im Katastrophengebiet für LKW-Konvois mit Hilfsgütern und beginnen mit der Verteilung von Hilfsgütern, bevor diese wirkungslos verfallen.

Das Auswerten der Bilddaten kommt zudem für den Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur zum Einsatz. Auf Basis der Algorithmen können weitere Anwendungen im Bereich Naturschutz und Forstwirtschaft implementiert werden. Exemplarische Anwendungsmöglichkeiten sind zudem das Erkennen und Vermessen von Hochwasserflächen nach Überschwemmungen, die Messung der Zerstörung von Wäldern sowie von Infrastruktur wie beispielsweise Strommasten und Bahnlinien.

Wie funktionieren die neue Technologie und Lösung?

Im Rahmen des Projektes wird eine Software zur Bildanalyse implementiert, welche mittels Deep Learning UAV- und Satellitenbilder analysiert. Ziel ist es, Gebäude und Infrastruktur zu erkennen und den jeweiligen Zustand zu bestimmen. Dies umfasst beispielsweise die Erfassung der Anzahl zerstörter Gebäude sowie die Bewertung der Befahrbarkeit von Straßen. Die Software muss offline funktionieren, da nach Katastrophen häufig die Infrastruktur in den betroffenen Ländern zerstört ist.  Das Training erfolgt auf einem Cluster. Der Ansatz des modellbasierten Machine Learnings, d. h. die Kombination von mathematischen Modellen mit Deep Learning, ermöglicht es unserem Team am Fraunhofer ITWM, Verfahren zu implementieren, die sowohl hochwertige Ergebnisse liefern als auch sehr »schlank« und damit beispielsweise auf Notebooks lauffähig und einfach zu bedienen sind. 

Die Bilddaten stellen einen wesentlichen Faktor für den Einsatz von Deep Learning dar, das heißt auch, dass eine sorgfältige Annotation oder Auswahl der Datenbasis entscheidend ist. So sind beispielsweise die Markierung und Labelung »interessanter« Daten in den Originalbildern sowie die Selektion der »richtigen« Daten zum Trainieren erforderlich. Am Ende dieses Prozesses steht eine Bilddatenbank, welche als Grundlage für das Training und die Evaluation der Verfahren dient. Im Rahmen des Projektes wurden verschiedenste Datensätze – beispielsweise von der Dominikanischen Republik – von den Expertinnen und Experten direkt vor Ort annotiert und vom Projektteam in einer Datenbank organisiert.

EDDA Hurrikan Fiona auf die Dominikanische Republik
© Fraunhofer ITWM
Am 19. September 2022 traf der Hurrikan Fiona auf die Dominikanische Republik. Mit der EDDA-Software hat das WFP die dominikanische Regierung bei der Sammlung von Information zu Bewertung der Schäden unterstützt. Links ein Ausschnitt der Drohnenbilder, Rechts die Auswertung. Rote Gebäude sind beschädigt, grüne Gebäude sind unbeschädigt.

Ausblick: Wie geht es weiter?

Derzeit widmet sich das Team der Detektion von Hochwasser und Hochwasserschäden. Die Roadmap sieht vor, weitere Infrastruktur – wie Straßen und Brücken – zu erkennen und deren Zustand zu bewerten. Letztendlich ist das Ziel nicht nur die Lage nach oder während einer Katastrophe zu analysieren, sondern auch den Einsatzteams vor Ort Planungshilfen an die Hand zu geben. Dabei geht es beispielsweise um die Frage, wie ein Rettungsteam möglichst schnell an bestimmte Orte gelangt, ohne das Team hohen Risiken auszusetzen.

Die Studierenden sitzen an Computern während der Gruppenarbeit im Workshop-Raum.
© Fraunhofer ITWM
Eine der größten Herausforderungen im EDDA-Projekt ist die Beschaffung eines Datensatzes, damit die Software EDDA die Lage im Katastrophengebiet auswerten kann. Hier im Bild: Im Rahmen des Projektes gab es einen Workshop in Maputo, Mosambik, wo 2019 der Zyklon Idai (tropischer Sturm) viel Zerstörung angerichtet hat. Hier zu sehen sind die Teilnehmenden beim Aufbereiten der Daten.
Annotierte Luftaufnahme aus einem Erdbebengebiet in Mozambique.
© WFP / Fraunhofer ITWM
Annotierte Luftaufnahme aus einem Erdbebengebiet in Mozambique.
Screenshot der Bilderkennungs-Software EDDA
© Fraunhofer ITWM
Screenshot der Bilderkennungs-Software EDDA