Hyperspektrale Bildgebung – Mehr als nur Rot, Grün und Blau

Hyperspectral Imaging (HSI) vereint Vorteile von optischer Spektroskopie mit ortsauflösender Bildgewinnung

Erweiterte Farbwahrnehmung: Von Rot, Grün, Blau zu Hunderten von Farbkänalen

Hyperspektrale Bildgebung revolutioniert die Art und Weise, wie wir Farben und Licht wahrnehmen. Normale Kameras erfassen Bilder in drei Farben – Rot, Grün und Blau. Diese Begrenzung reicht für viele Anwendungen aus, doch hyperspektrale Kameras gehen weit darüber hinaus. Sie nutzen mehrere Hundert Farbkanäle und ermöglichen dadurch eine erweiterte Farbwahrnehmung. Dies ist besonders nützlich für wissenschaftliche und industrielle Anwendungen, bei denen genaue spektrale Informationen benötigt werden. 

Dank der vielen Farbkanäle können hyperspektrale Kameras die spektralen Eigenschaften von Proben präzise erfassen. Dies bedeutet, dass wir mit ihnen Unterschiede in Materialien und Substanzen erkennen, die für das menschliche Auge oder herkömmliche Kameras unsichtbar bleiben. Diese Technik findet zum Beispiel Anwendung in der Materialprüfung, der Landwirtschaft, der Umweltüberwachung und vielen anderen Bereichen. 

Wir nutzen hyperspektrale Kameras für sichtbares Licht und nahinfrarotes (nichtsichtbares) Licht. Dies erweitert den Einsatz, da das nahinfrarote Spektrum Informationen liefert, die im sichtbaren Bereich nicht verfügbar sind. Dadurch können zum Beispiel Wassergehalt in Pflanzen oder bestimmte chemische Zusammensetzungen in Materialien sichtbar gemacht werden.

Aufbau eines Messsystems – Kamera und Objektiv: Das Herzstück der hyperspektralen Bildgebung

Ein hyperspektrales Messsystem besteht aus einer Kamera, die mit einem speziellen Objektiv ausgestattet ist. Diese Kamera ist in der Lage, die zahlreichen Farbkanäle zu erfassen und so detaillierte spektrale Daten zu liefern. Das Objektiv muss dabei die Lichtverhältnisse optimal nutzen und eine präzise Fokussierung der Probe ermöglichen.
 

Homogene Beleuchtung: Schlüssel zur präzisen Datenerfassung

Neben der Kamera ist eine gleichmäßige und homogene Beleuchtung der Probe entscheidend (meist in Form einer Röhre, nicht wie in Bild unten). Ohne eine optimale Beleuchtung können die spektralen Daten verzerrt oder ungenau sein. Daher ist es wichtig, eine Beleuchtungsquelle zu verwenden, die eine möglichst gleichmäßige Ausleuchtung gewährleistet. Dies kann durch spezielle Lampen oder Beleuchtungssysteme erreicht werden, die für hyperspektrale Anwendungen konzipiert sind.

Mit dieser Ausrüstung und dem Wissen um die hyperspektrale Bildgebung können wir detaillierte und präzise Untersuchungen durchführen, die weit über die Möglichkeiten herkömmlicher Kameras hinausgehen. Egal, ob in der Forschung, Industrie oder Umweltüberwachung – die hyperspektrale Bildgebung eröffnet neue Dimensionen der Analyse und Diagnostik.

Unsere hyperspektralen Kameras sind mit einem 2D-Detektor ausgestattet, ähnlich wie normale Kameras. Der Unterschied liegt jedoch in der Nutzung der Dimensionen: Eine Dimension wird für die spektralen Informationen genutzt, die andere für eine Linie auf der Probe. Das bedeutet, wir messen eine Linie auf der Probe und erhalten ein Bild in 2D (siehe Bild).

Effiziente Produktmessung auf dem Fließband

Die Methode ist sehr gut geeignet, um Proben und Produkte auf einem Fließband zu messen: Die Produkte fahren auf dem Fließband unter der Kamera durch. Dort werden die Proben gleichmäßig beleuchtet und es wird ein Bild gemacht, mit der Breite des Fließbandes. Wenn die Bilder schnell genug generiert werden, werden so die Produkte während der Bewegung gemessen. Die Kameras erzeugen die Bilder sehr schnell – typischerweise im Bereich von mehr als 100 Bilder pro Sekunde.

 

Auswertung: Präzise Echtzeitauswertung durch Künstliche Intelligenz

Zur Auswertung nutzen wir in der Regel Methoden des Maschinellen Lernens (ML). Es stehen je nach Anwendung verschiede ML-Methoden zur Auswahl. Die Auswertung erfolgt in Echtzeit und die Software wird individuell an die Bedürfnisse des Unternehmens oder Anwendungsfalls angepasst.

Effiziente Produktmessung auf dem Fließband mit hyperspektraler Bildgebung
© Fraunhofer ITWM
Effiziente Produktmessung auf dem Fließband mit hyperspektraler Bildgebung
Das Beispiel zeigt die veränderte spektrale Antwort einer Avocado während des Reifeprozesses.
© freepik / Fraunhofer ITWM
Das Beispiel zeigt die veränderte spektrale Antwort einer Avocado während des Reifeprozesses.

Vielfältige Anwendungen der Spektralanalyse

Die häufigsten Anwendungen sind Schwerpunkte, die auf den spektralen Informationen basieren. Das heißt das Unterscheiden von Produkten aufgrund unterschiedlicher spektraler Charakteristiken wie in folgenden Beispielen:

  • Finden von Fremdkörpern in Schüttungen (die auch gleich aussehen können für das menschliche Auge): wie zum Beispiel weißer Kunststoff in Papier, Metall in Kunststoffgranulat usw.
  • Sortieren von Produkten: verschiedene Kunststoffe trennen, Mülltrennung, beschichtete oder nicht beschichtete Produkte sortieren
  • Veränderungen von Produkten erkennen: zum Beispiel der Reifegrad von Obst oder Gemüse, die Konzentrationsveränderungen von Lösungen usw. 

Präzise Messung von Schichtdicken durch Breitbandspektralanalyse

Weil man so viele Farben detektiert und das Messsystem eine so große Bandbreite hat, können wir auch Schichtdicken von dünnen Proben messen (z.B. dünne Folien). Das Licht wird dabei an jeder Grenzschicht reflektiert. Dabei kommt es auf der Kamera zu Interferenzen. Je dünner die Schicht desto langwelliger sind die Interferenzoszillationen. Für dünne Schichten braucht man viel Bandbreite (das heißt viele Farbkanäle über eine großen Wellenlängenbereich).

Wir können Folien und andere dünne Schichten zwischen circa 2 µm und 100 µm messen. Die Messungen erfolgen sehr schnell und mit einer guten Wiederholbarkeit von besser als 1 µm. 

Messung einer 3 µm dicken Folie (160.000 Messpunkte gemessen in ca. 2 s)
© Fraunhofer ITWM
Messung einer 3 µm dicken Folie (160.000 Messpunkte gemessen in ca. 2 s)

Beispielprojekte

 

Hyperspektrale Bildgebung für Tomaten

Durch hyperspektrale Bildgebung bestimmen wir z.B. der BRIX- bzw. Zuckergehalt von Tomaten, der Rückschlüsse über den Reifegrad zulässt. 

 

ASKIVIT

Im Projekt »ASKIVIT« widmen wir uns gemeinsam mit Projektpartnern der automatisierten Sortierung von Spermüll, um Holzwerkstoffe und Buntmetalle zu erhalten. Hierbei helfen u.a. unsere Erfahrung im Schwerpunkt der Terahertz-Bildgebung.