Solvency II Kennzahlen – Vorhersage und Erklärbarkeit mit Künstlicher Intelligenz

Finanzmathematik und Machine Learning unterstützen bei der Solvenzkapitalberechnung

Unser Team unterstützt Versicherungsunternehmen bei der Solvenzkapitalberechnung, indem es mathematische Modelle und KI-Methoden entwickelt, die zum Bewerten von Risiken und beim Berechnen der Kapitalanforderungen nach Solvency II zum Einsatz kommen. Diese Methoden, einschließlich Maschinellen Lernens und anderer innovativer Datenanalysen, helfen den Unternehmen, ihre finanzielle Stabilität sicherzustellen und die regulatorischen Anforderungen am Markt effizient zu erfüllen.

Solvenzkapitalberechnung: Worum geht es bei Solvency II?

Seit 2016 gilt das europäische Aufsichtsregime Solvency II – mit dem Ziel Zahlungsunfähigkeit von Versicherungsunternehmen zu vermeiden und damit sicherzustellen, dass diese ihre Zusagen auch unter extremen Umständen wie Krisen erfüllen können. Beispiele für solche Krisen sind Naturkatastrophen, Aktiencrashs oder auch ein starker Bedarf von Krankenversicherungsleistungen durch Epidemien/Pandemien. Das Solvenzkapital wird unterschiedlich berechnet, wobei das rechnende Unternehmen jeweils alle für sich relevanten Risikoszenarien in seinem internen Modell berücksichtigen muss. Die Solvenzquote ist dabei ein punktueller Anhaltspunkt für die getroffene Vorsorge des Versicherungsunternehmens. Die Solvenzkapitalanforderung (SCR) ist eine Vorgabe, die besagt, dass jedes Versicherungsunternehmen zur Deckung seiner Verpflichtungen so viel Kapital vorhalten muss, dass er mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,5 Prozent nach einem Jahr noch solvent ist.

Zum Berechnen des SCR (Solvency Capital Requirement) sind bisher zwei Methoden möglich:

  •  Standardformel: eine stark vereinfachte Aggregation der Risiken der einzelnen Faktoren
  • Internes Modell: vom einzelnen Versicherungsunternehmen entwickeltes internes Modell, eine vollständige Simulation, die zwar exakt ist, aber meist nicht effizient und zeitlich schwer umsetzbar

Valide Prognosen mit Neuronalen Netzen: Wir erklären und modellieren Ihre Daten von Solvency II

Wir ermöglichen Unternehmen eine Sensitivitätsanalyse des Solvenzkapitals in »Echtzeit«. Dabei basiert unser Forschungskonzept auf einer Machine Learning Lösung: Ein Neuronales Netz wird auf vorhandenen Daten und dem internen Modell des Unternehmens trainiert. Eine explorative Datenanalyse erkennt relevante Treiber der Eigenmittel, des Solvenzkapitals sowie der Solvenzquote.

Dabei bauen wir ein auf Machine Learning basierendes Surrogatmodell als zusätzliches, leicht zu evaluierendes Ersatzmodell für individuelle Standardformeln oder interne Modelle. Dies ermöglicht das Erklären vergangener Änderungen sowie tagesaktuelles Schätzen, Vorhersagen und Analysieren der zukünftigen Kennzahlen des jeweiligen Unternehmens auf Änderungen von Marktdaten und anderen Parametern. Durch stetiges und automatisches Dazulernen von neuen Informationen sichern wir eine dauerhafte Verbesserung. 

Künstliche Neuronale Netze und probabilistische Modelle wie die »Bayes'sche Neuronale Netze (BNN)« bieten dabei die Chance für eine hohe Erklärbarkeit. Die KI gibt bei den Prognosen zudem an, wie sicher sie sich in der Vorhersage ist, auch mögliche Auswirkungen von Änderungen ausgewählter Risikofaktoren werden direkt aufgezeigt.

Die Ergebnisse werden übersichtlich in einem Dashboard präsentiert. Zugänglich ist dieses über eine eigene App, die über den Browser im Intranet von Ihnen für die monatlich aktualisierten Schätzungen der Basiseigenmittel, des SCR und der Solvenzquote zum Einsatz kommen kann. Unternehmensdaten bleiben dabei intern und werden nicht in eine Cloud hochgeladen.

Schematisches Neuronales Netz zur Berechnung des verfügbaren Kapitals
© Fraunhofer ITWM
Schematisches Neuronales Netz zur Berechnung des verfügbaren Kapitals
Verhalten eines Neuronalen Netzes bei Variation der Risikofaktoren X1 und X8.
© Fraunhofer ITWM
Verhalten eines Neuronalen Netzes bei Variation der Risikofaktoren X1 und X8.

Promotion zur Solvenzkapitalberechnung mit Künstlicher Intelligenz

Um unsere Forschung und Wissen in diesem Schwerpunkt stetig zu vertiefen und unsere Lösungen zu optimieren, arbeiten wir an zahlreichen Veröffentlichungen und Analysen. Die laufende Arbeit unseres Doktoranden Mark-Oliver Wolf untersucht beispielsweise seit Ende 2023 unter der Überschrift »Mathematical and Machine Learning Aspects of the Solvency Capital Requirement Calculation« genau diese mathematischen und Maschinellen Lernaspekte bei der Berechnung der Solvenzkapitalanforderung.

Prof. Dr. Ralf Korn betreut die Promotion. Er hat die Abteilung »Finanzmathematik« gegründet und über Jahre geleitet. Seine fundierte Expertise bringt er u.a. als Berater sowie Mitglied des Scientific Advisory Boards des Instituts ein.