Retardierungseffekte erweitern Prognosemodell zur Ausbreitung von Covid-19
Bei den klassischen Modellen SIR und SEIR werden alle Modellparameter konstant gehalten, nachdem sie aus den Daten bestimmt wurden. Dies ist zum jetzigen Zeitpunkt für die Analyse von Covid-19 ein schwerer Nachteil. Gerade um die Wirkung der Lockdown-Maßnahmen zu analysieren und mögliche Exit-Strategien bewerten zu können, dürfen die Modellparameter nicht als zeitlich konstant erachtet werden.
Gleichzeitig muss ein adäquates Prognosemodell zur Ausbreitung von Covid-19 auch berücksichtigen, dass die Wirkung der Maßnahmen zeitlich verzögert, also retardiert auftritt. Das Fraunhofer ITWM hat daher ein klassisches SEIR-Modell um Retardierungseffekte erweitert, um früher als die klassischen Modelle verlässliche Ausbreitungsprognosen liefern zu können und somit die Analyse der Maßnahmen zu ermöglichen. Ein weiteres Manko der klassischen Modelle besteht darin, dass über alle Regionen und Altersgruppen hinweg eine homogene Dynamik der Epidemie angenommen wird. Dem stellt das Fraunhofer ITWM Kohorten mit jeweils eigenen Parametern und Austauschkoeffizienten entgegen. So wird es auch möglich, spezialisierte Maßnahmen zu bewerten, z.B. die Öffnung von Schulen oder gelockerte Kontaktbeschränkungen in dünn besiedelten, ländlichen Regionen.
Ausgehend von Parametern, die an öffentlich zugängliche Fallzahlen angepasst sind, werden in den ITWM-Forschungsarbeiten rund um die Wissenschaftler Dr. Jan Mohring und Dr. Raimund Wegener, erste Prognosen zu den Szenarien »Herdenimmunität« und »Ausrottung des Virus« präsentiert. In ihren Ergebnissen erläutern sie die beiden Szenarien und prognostizieren die Dauer sowie die Erfolgsaussichten der Szenarien.