Ziel: Komplette Inspektionsumgebung simulieren
»Komplexe Freiformoberflächen auf Fehler zu untersuchen bedeutet für eine Maschine nicht nur, die Oberflächenform genau zu kennen, sondern auch Variablen wie Lichteinfall oder Kameraposition exakt zu berücksichtigen«, erklärt Markus Rauhut. Während Menschen die sich verändernden Umstände durch Erfahrung (zumeist teilweise) ausgleichen, falle es Inspektionssystemen schwer, so flexibel »mitzudenken«, dass sie individuell und treffgenau arbeiten.
Ein Schritt auf dem Weg zur virtuellen Inspektion ist die am Fraunhofer ITWM entwickelte Revolving/Evolving Product Inspection EPI. Bei der umlaufenden Inspektion werden nicht nur die Rahmenbedingungen, wie die Bauteilgeometrie und die Oberflächenbeschaffenheit, möglichst exakt berücksichtigt, sondern das System hat auch gelernt, wo mögliche Problemstellen bei der Analyse liegen können. »Gefüttert« wird es zunächst mit den CAD-Daten eines Werkstückes – das heißt, das Inspektionssystem weiß, wie ein Gutteil aussehen soll.
Die Software ist so konzipiert, dass sie anhand des spezifischen Produkts individuelle Scanpfade für die auf einen Drehteller platzierten Objekte berechnet. Sie nutzt dabei die Vorteile des Raytracing; damit lassen sich Vorhersagen berechnen, welche Bereiche eines Bauteils aus welcher Position sichtbar sind.
Paradigmenwechsel in der Oberflächeninspektion
Bereits heute werden Autos oder Flugzeuge komplett simuliert, bevor sie gebaut werden. Die Kaiserslauterer Forscherinnen und Forscher nehmen sich zwar kleinere Produkte vor (Thermoskanne, Fön, bedruckte Tasse etc.), gehen aber einen Schritt weiter. Sie wollen eine Softwareinfrastruktur erstellen, welche die komplette Inspektionsumgebung simuliert; dazu gehören neben den Eigenschaften des Prüfstücks auch die Eigenschaften aller Handwarekomponenten (Beleuchtung, Kamera, Optik etc.). Die Architektur der Software soll dabei so gestaltet werden, dass kommerzielle Anbieter von Sensoren, Beleuchtungen etc. ihre produktspezifischen Eigenschaften (beispielsweise Kameraparameter) einpflegen können, ohne sensibles Knowhow preisgeben zu müssen. Das System wird also herstellerunabhängig sein.
Petra Gospodnetic schreibt ihre Dissertation in der Abteilung Bildverarbeitung und vergleicht den neuen Ansatz mit dem autonomen Fahren: »Wie dieses steht unser System für eine deutliche Zäsur in der Automatisierung; am Ende der Entwicklung werden wir ein System haben, das die autonome Inspektion erlaubt, unabhängig von der Form des Prüfteils.«