Beim mathematischen Wahrscheinlichkeitsmärchen spielt ein Kuss oder ein Prinz keine Rolle, sondern es geht um ein märchenhaftes Gedankenexperiment – wie könnte es in der Wahrscheinlichkeitsrechnung anders sein – zusammen mit einer Münze. Bei diesem Paradox gibt es mehrere Formulierungen, die alle sehr ähnlich sind. Im Streuspanne-Podcast wurde sich für folgendes Setting entschieden:
Dornröschen – Sleeping Beauty – nimmt an einem Experiment teil. In diesem wird Dornröschen sonntags in den Schlaf versetzt und an einem oder zwei der darauffolgenden Tage geweckt. Wenn sie an einem Tag aufgeweckt wird, dann wird sie am Ende des Tages wieder in Schlaf versetzt – und zwar so, dass sie sich nicht mehr daran erinnern kann, aufgeweckt worden zu sein. Sie vergisst diesen wachen Tag und zudem wird ihr nicht verraten, was für ein Tag es überhaupt war.
Der Clou an diesem Experiment: das Aufwecken erfolgt nach einer bestimmten Regel, denn der/die Versuchsleiter:in wirft eine faire Münze, nachdem Dornröschen sonntags das erste Mal eingeschlafen ist. Fällt »Kopf«, so wird sie montags, aber nicht dienstags aufgeweckt und befragt. Fällt »Zahl«, so wird sie sowohl montags als auch dienstags aufgeweckt und befragt. Ein Münzwurf entscheidet demnach, ob sie einmal oder zweimal geweckt wird. Am Mittwoch endet das Experiment.
Das Knifflige an der Geschichte ist die Frage, die ihr während der kurzen Wachphase gestellt wird: »Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Münze »Kopf« gezeigt hat?« Gibt es hier überhaupt eine richtige Antwort? Welchen Einfluss hat die Formulierung der Versuchssituation auf die Antwort? Wo spielt die Self-Sampling- und Self-Indication-Assumption eine Rolle? Und was hat Dornröschen hier mit unseren letzten Themen – wie dem Würfel ohne Gedächtnis oder dem Weltuntergang – zu tun? Auch auf die kurze Folge »Z wie Ziegenproblem« in der neuen Rubrik »Streuspanne-Lexikon« wird Bezug genommen.