Unterschiedlich schnelle Meldeprozess führen zu unterschiedlichen Inzidenzen
Betrachten wir zwei fiktive Gesundheitsämter A und B. Gesundheitsamt A meldet alle Fälle bis zum Folgetag an das RKI, Gesundheitsamt B schafft es nur die Hälfte der Fälle am Folgetag zu melden und benötigt für die andere Hälfte einen weiteren Tag. Der Einfachheit halber haben beide Landkreise 100.000 Einwohner. Zudem haben sie in den Tagen vom 1. bis 7. Mai auch jeweils konstant 10 Fälle aufgenommen. Welche Inzidenzen wird das RKI am 8. Mai melden?
Bei Gesundheitsamt A kannte es für den relevanten Zeitraum alle 70 Fälle, und wird die Inzidenz 70 bekannt geben. Bei Gesundheitsamt B kannte das RKI nur 65 der 70 Fälle (weil nur die Hälfte der Fälle vom 7. Mai auch wirklich bis zum 8. Mai gemeldet wurden). Damit ist die vom RKI vermeldete Inzidenz 65 für Landkreis B, also gute 7% weniger als in Landkreis A, obwohl die Situation die gleiche ist. Leider mittelt sich dieser Effekt nicht einfach weg.
Durch die verzögerte Meldung eines Teils der Fälle wird dieser Teil der Fälle immer nur in sechs Inzidenzberechnungen einfließen: Die fünf Fälle mit GA-Meldedatum 7. Mai, welche dem RKI erst am 9. Mai bekannt werden, fließen nur in die Inzidenzberechnungen für den 9.-14. Mai hinein – diese Fälle erhalten dementsprechend weniger Gewicht. Gesundheitsamt B wird also immer ein paar Fälle vor sich herschieben und in vergleichbaren Situationen eine vom RKI geringere Inzidenz bescheinigt bekommen als Gesundheitsamt A. Da die Inzidenzen auch nicht nachträglich durch Nachmeldungen angepasst werden, kann dies in der Praxis dazu führen, dass Landkreis B früher öffnen kann als Landkreis A.
Wie stark kann dieser Effekt ausfallen? Werfen wir dazu einen genaueren Blick auf die Differenz zwischen eingefrorenen und korrigierten Inzidenzen.