Die Zahl der Impfdurchbrüche an sich ist nicht aussagekräftig
Dieser Aufwand, der bei den Zulassungsstudien betrieben wird, zeigt, dass man Beobachtungen »im Feld«, also nach der Zulassung und Verimpfung des Wirkstoffes, mit mehr Vorsicht interpretieren muss. Zuerst muss man überlegen, welche Größe genau man sich ansieht. In den Medien wird oft der Anteil an Geimpften unter den Erkrankten genannt, welches für sich alleine eine sehr missverständliche Kennzahl ist. Als Beispiel: Sind in einer Population 100 Prozent der Menschen vollständig geimpft, so ist der Anteil unter den Infizierten ebenfalls 100 Prozent – unabhängig davon, ob die Impfeffektivität 0 oder 90 Prozent beträgt. Somit lässt sich aus diesem Anteil allein in keiner Weise ableiten, wie hoch die Impfeffektivität oder das individuelle Risiko eines Geimpften ist, sich mit SARS-CoV-2 zu infizieren.
Für diese beiden Größen, welche für die meisten Rezipient:innen deutlich interessanter sein dürften, benötigt man etwas mehr an Wissen. Nehmen wir aus didaktischen Gründen kurz an, dass sich Geimpfte und Ungeimpfte ähnlich verhalten und die Gruppen ähnlich zusammengesetzt sind – hinsichtlich Alter, Vorerkrankungen und anderen möglicherweise relevanten Faktoren. Dann ließe sich die Impfeffektivität wieder relativ leicht bestimmen: Man vergleicht analog zu den Zulassungsstudien den Anteil der Infizierten unter den Geimpften mit dem Anteil der Infizierten unter den Ungeimpften. Auch das individuelle Infektionsrisiko eines Geimpften lässt sich nun mit zusätzlichem Wissen grob und vereinfacht abschätzen, indem man den Satz von Bayes bemüht:
R = (AGeimpft und infiziert * Ainfiziert) / AGeimpft
Dabei ist AGeimpft und Infiziert der Anteil der Geimpften unter den Infizierten; AInfiziert der Anteil der Infizierten in der Gesamtpopulation, also die Prävalenz; und AGeimpft der Anteil der Geimpften in der Gesamtpopulation.