Mediendienst
Flott voran mit Bus und Bahn
Als 1835 die erste deutsche Bahnlinie zwischen Nürnberg und Fürth eingerichtet wurde, warnte ein medizinisches Gutachten vor geistiger Unruhe: Eine Fahrt mit dem Stahlross könne zum delirium furiosum führen. Auch heutige Fahrgäste kann der öffentliche Personennahverkehr gelegentlich in nervöse Zustände versetzen. Deshalb entwickelt das ITWM gemeinsam mit dem Verkehrsverbund Rhein-Neckar seit zwei Jahren eine Software namens AnSiM.
Wartet der Bus noch, wenn mein Zug schon drei Minuten Verspätung hat? Die Disponenten eines Verkehrsbetriebs wiederum stehen täglich vor einem grundsätzlichen Dilemma: Einerseits sollen möglichst viele Fahrzeuge pünktlich sein, andererseits will kein Kunde seinen Anschluss verpassen. »Ob gewartet wird oder nicht, entscheiden die Disponenten bisher aus dem Bauch heraus«, sagt Professor Stefan Nickel, Leiter der Abteilung Optimierung am Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM in Kaiserslautern. »Deshalb entwickeln wir gemeinsam mit dem Verkehrsverbund Rhein-Neckar seit zwei Jahren eine Software namens AnSiM.« Dieses Programm zum Anschlusssicherungs-Management soll Verkehrsplaner bei ihrer Arbeit unterstützen. Das Projekt unterstützt die Stiftung »Rheinland-Pfalz für Innovation«.
Für den Software-Prototyp erhielten die Fraunhofer-Forscher vom Verkehrsverbund zunächst Fahrplandaten. Zudem erfuhren sie von den Disponenten, welche Funktionen das Programm umfassen sollte. »Schon in der Entstehungsphase eines neuen Fahrplans brauchen wir ein Instrument zur Sensibilitätsanalyse«, erklärt Bernhard Salzmann, Leiter der Abteilung Fahrplan und Leistungsangebot des Verkehrsverbunds. »Damit können wir simulieren, wie sich eine Verspätung auswirkt und wie viele Personen betroffen wären.«
AnSiM liefert Gesamtbild vom Netz
Im täglichen Betrieb wird AnSiM ein Gesamtbild vom Netz liefern, denn ein Anschluss kann nicht isoliert betrachtet werden. Wartet der Bus auf den Zug, so gefährdet er seine eigenen Anschlüsse. Im Extremfall kommt eine Kettenreaktion durch den gesamten Fahrplan in Gang. Im Alltag kann ein Mensch nicht alle Verästelungen des Systems im Auge behalten. Nun gewinnt der Disponent den Überblick, denn die Software liefert ihm eine Auswahl an Lösungen und zeigt Konflikte auf.
»Das Programm macht den Menschen nicht überflüssig, sondern liefert ihm Entscheidungshilfen«, sagt Dr. Michael Schröder, AnSiM-Projektleiter am ITWM. Nun suchen die Fraunhofer-Forscher nach einem Partner, der mit ihnen den Prototyp zu einem fertigen Produkt weiterentwickelt. Der nächste und direkte Anschluss zu AnSiM ist auf der Dortmunder Messe RailTec - vom 10. bis 12. November in Halle 4 am Stand 4022 des jungen Fraunhofer-Themenverbunds Verkehr.