Klassisch ermittelt man die Zeit- und Dauerfestigkeit von Bauteilen getrennt in zwei Versuchsserien, jeweils auf unterschiedlichen Lasthorizonten. Die Ursache dafür ist, dass sich bei zyklischen Bauteilbelastungen (Wöhlerversuche) bei mittleren bis hohen Lasten ein linearer Zusammenhang im doppellogarithmischen Maßstab, Zeitfestigkeit genannt, ergibt. Bei niedrigen Lasten beobachtet man oft ein Abknicken der Gerade auf einen fast horizontalen Verlauf. In diesem Dauerfestigkeitsbereich werden Lasten theoretisch »unendlich oft« (d.h. über eine Million Zyklen) ertragen. Klassisch wird hier eine Regression in Lastrichtung, also orthogonal zur Zeitfestigkeitsregression, für die Information {Bauteil fällt aus/Bauteil ist dauerfest} durchgeführt.
Motiviert durch Herausforderungen aus der Industrie wurde am ITWM ein neues stochastisches Modell entwickelt. In ihm werden beide Bereiche in Zyklenrichtung interpretiert, wobei Dauerfestigkeit als VHCF-Grenzfall (very high cycle fatigue) erscheint. Zufallsvariablen regeln den Übergangsbereich und Streuung der Zeitfestigkeit. Nun können alle Informationen effizient in die simultane Parameterschätzung einfließen, inklusive einer automatisierten Auswahl der optimalen Modellkomplexität.