Maschinenbau und Verfahrenstechnik Verfahrenstechnik: KI für Industrieprozesse nutzen Es ist eine der großen Visionen des Bereichs »Optimierung«: das nächste Level der Künstlichen Intelligenz (KI) für die Verfahrenstechnik nutzbar machen. Dabei wollen die Forschenden in völlig neue Regionen vordringen. Wann immer aus Rohmaterialien ein Produkt wird, kommt Verfahrenstechnik zum Einsatz. Prozesse in diesem industriellen Zweig sind in der Regel über Jahre erprobt und bewährt. Die Entscheidung, in Arbeitsschritte einzugreifen, muss wohl überdacht sein – Fehlentscheidun- gen können nicht nur die Qualität eines Pro- dukts verändern, sondern auch hohe Kosten verursachen. KI soll Verbesserungspotenzial aufzeigen »KI ist inzwischen sehr gut darin, Ist-Zustände zu beschreiben«, sagt Prof. Dr. Michael Bortz, Abteilungsleiter »Optimierung – Technische Prozesse« und verdeutlicht dies am Beispiel der Spracherkennung, wie sie auf dem Mobil- telefon eingesetzt wird: »Sie erkennt Worte, die der Nutzende häufig verwendet und schlägt diese daher vor, sobald er eine bestimmte Buchstabenfolge zu schreiben beginnt. Das System wird also individuell vom User trai- niert und lernt dazu.« Soll KI zur Optimierung von Produktionspro- zessen eingesetzt werden, geht es um mehr: Optimierung heißt, Kombinationen von Frei- heitsgraden zu finden, die zu besseren als den bislang bekannten Ergebnissen führen. Dazu bedarf es rigoroser physikalischer Modelle und Optimierungsalgorithmen, die möglichst nah an Verbesserungspotenziale herankommen. »Ziel ist es, dass eine KI in der Verfahrenstech- nik erkennt, wo Verbesserungspotenzial be- steht und damit möglichst konkrete Anhalts- punkte liefert, bestimmte Prozesse genauer zu betrachten«, so Bortz. »Bildlich gesprochen: Wenn ich in den Alpen stehe und den höchs- ten Punkt erreichen will, sollte KI in der Lage sein, mir zu sagen, von wo ich loslaufen soll und wie ich das Ziel erreiche. Die Anstrengun- gen, den zweithöchsten Berg zu erklimmen, um von dort aus zu sehen, dass es einen noch höheren gibt, ist kein befriedigendes Ergebnis.« Erfolgreiche Projekte ebnen Weg Erfahrung mit der Entwicklung rigoroser Mo- delle für verlässliche, realitätsnahe Vorhersa- gen hat das Team um Bortz unter anderem für den Chemiekonzern BASF SE gemacht: In in- zwischen abgeschlossenen Projekten wurde für einen Fließbildsimulator eine nutzerfreund- liche Schnittstelle zu historischen Prozessdaten geschaffen, um die Daten für Prognosen zu kalibrieren. In einem aktuellen Kooperations- projekt geht es darum, KI einzusetzen, um die derart kalibrierten Prozesse numerisch möglichst Schematisches Fließbild eines chemischen Produktionspro- zesses 70