Mit Künstlicher Intelligenz gegen Abrechnungsbetrug im Pflegedienst

BMBF-Verbundprojekt PflegeForensik: Software unterstützt Strafverfolgung

Betrug bei Abrechnungen von Pflegekosten verursachen jährlich Schäden in Millionenhöhe. Die Verfolgung solcher Delikte ist langwierig und kompliziert, da oft nur handschriftliche Unterlagen vorliegen. Im Projekt »PflegeForensik« wurde in Kooperation mit der Generalstaatsanwaltschaft Dresden und dem Kommissariat für Wirtschaftskriminalität der Polizeidirektion Leipzig von unseren Forschenden aus den Abteilungen »Bildverarbeitung« und »Finanzmathematik« ein KI-basierter Demonstrator entwickelt. Dieser unterstützt Behörden dabei, gegen Abrechnungsbetrug im Pflegedienst vorzugehen. Die Arbeiten wurden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

Das genaue Prüfen von Abrechnungen von Pflegediensten und Vertragsärzt:innen ist bisher sehr aufwändig, einen Betrug zu entdecken mit viel komplexer, manueller Papierarbeit verbunden. Gleichzeitig ist es aufgrund der besonderen Situation in der Pflege (demente Patient:innen, viele »kleine« Tätigkeiten) schwierig, bei einzelnen Leistungen eine Beanstandung nachzuweisen. Hinzu kommt, dass es den Patient:innen mit zunehmender Pflegebedürftigkeit schwerfällt, die Abrechnungen selbst zu prüfen und nicht oder fehlerhaft erbrachte Pflegedienstleistungen anzuzeigen. Zudem macht die Intransparenz des Abrechnungswesens das System insgesamt manipulationsanfällig. Viele Aspekte und Ebenen, die Herausforderungen und Hürden mit sich bringen.

Machine Learning Verfahren unterstützt smarte Betrugserkennung

Das Verbundprojekt »PflegeForensik« mit dem Untertitel »Effektive Strafverfolgung bei Pflegebetrug durch automatisierte Bildverarbeitung« hat sich diesen Herausforderungen gestellt und wurde dabei vom BMBF im Rahmen des Programms »Forschung für die zivile Sicherheit« gefördert. Dabei unterstützten wir besonders mit modernen Algorithmen der Künstlichen Intelligenz (KI) im Bereich der Bild- sowie Texterkennung bei der Strafverfolgung.

Kernziel des Projektes war das Entwickeln von Algorithmen zum automatischen Einlesen und intelligenten Auswerten der Papierberge. Denn bisher hat jeder Pflegedienst seine eigenen Papierdokumente, diese sind unterschiedlich aufgebaut und meist liegt wenig digital vor. Sie werden teilweise handschriftlich ergänzt, mal sind es Tabellen, mal Fließtext. Ein automatisiertes Prüfen war so sehr komplex.

KI-Spürhund für Abrechnungen in der Pflege

Im entwickelten Demonstrator kommen Machine Learning (ML) Methoden zum Einsatz, besonders in der digitalen Erfassung der verschiedenen Dokumentenarten. Gearbeitet wird dabei mit einer Kombination aus Bildverarbeitungsverfahren und modernen Verfahren des sogenannten Deep Learnings. Verschiedene Algorithmen lernen aus einer Mischung von künstlichen und anonymisierten, echten Daten entscheidende Informationen erst zu erkennen und dann Auffälligkeiten aufzuspüren. Zum Trainieren dieser KI-Algorithmen wurde vom Team des Fraunhofer ITWM und der Polizeidirektion Leipzig eine Datenbank befüllt. Auf einer Analyse der Daten setzt dann die Auffälligkeitsdetektion an.

In einem Demonstrator wurde die Machbarkeit sowohl auf umfangreichen künstlichen als auch auf Realdaten getestet. Dieser Demonstrator wurde am Ende der Projektlaufzeit in einem erfolgreichen Workshop mit über 50 Vertreter:innen von nationalen Strafverfolgungsbehörden, Krankenkassen und Bundesbehörden präsentiert und ist auf großes Interesse gestoßen. 

Der Demonstrator zeigt wie in Zukunft die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden vereinfacht, aber auch von Kranken- und Pflegeversicherungen zur Prüfung der Abrechnungsunterlagen eingesetzt werden kann.
 

Kooperationspartner:

Workshop zum Projekt »PflegeForensik« am 26. April 2023 in Berlin
© Fraunhofer ITWM
Workshop zum Projekt »PflegeForensik« am 26. April 2023 in Berlin.

Projektlaufzeit:

Das vom BMBF-geförderte Forschungsprojekt war auf zwei Jahre angelegt und lief vom 01.01.2021 bis 30.06.2023. Derzeit ist ein Anschlussprojekt geplant, in dem der Demonstrator in einen Prototypen überführt werden soll.